Mittwoch, 31. Oktober 2012

Frankenstein (1931)


The neck's broken. The brain is useless. We must find another brain.
Frankenstein also, ein sogenannter Klassiker der Film- und vor allem der Horror-Geschichte, basierend auf einem Roman, mehrfach fortgesetzt, neu adaptiert und interpretiert, oftmals ein Nonplusultra, wenn es um Horrorkreaturen oder -Stories geht usw. Unter all den Lobpreisungen wird es nun einmal Zeit für die Kehrseite der Medaille.


Die Story eines ambitionierten Wissenschaftlers (Colin Clive aka Dr. Frankenstein) aus der Feder der Schriftstellerin Mary Shelley, der es sich zum Ziel setzt, Schöpfer zu spielen und mit eigenen Händen einen aus Leichen zusammen gesetzten Körper mitsamt dem Hirn eines (irren) Menschen zu einem lebendigen Organismus zu formen, ist ohne Frage zeitlos und war wohl damals schon eine revolutionäre Idee. Ein Wissenschaftler, der die meiste Zeit, wie er selbst sagt, an seinem Verstand zweifelt und den schmalen Grat zwischen Klarheit und Wahnsinn beschreitet, der in einem dunklen, abgelegenen Turm zusammen mit seinem buckligen Gehilfen Fritz (Dwight Frye) haust und alles und jeden, vor allem sich selbst, vernachlässigt, um sein Ziel zu erreichen. Schließlich gelingt der Durchbruch und die Kreatur (Boris Karloff) erwacht, anfangs noch scheu und unbeholfen, später immer zielstrebiger und letztendlich sogar brutaler. Der Film bezieht sich jedoch nur vage auf den Roman und orientiert sich eher am ebenfalls Frankenstein genannten Theaterstück einer gewissen Peggy Webling.
 

Das Endergebnis ist dann leider trotz der hervorragenden Vorlage leider bei weitem nicht so gut wie die selbige, was aber im Folgenden näher ausgeführt wird. Im Grunde stimme ich mit der Meinung der Berliner Morgenpost von 1932 überein, welche das Ganze damals als eine "billige Jahrmarkts-Schaubuden-Angelegenheit" bezeichnete!
Die Darsteller agieren zwar weitgehend ordentlich, Mae Clarke als Elisabeth finde ich persönlich recht heiß, doch die bestimmenden Parts sind leider nur Durchschnitt. Colin Clive bspsw. schafft es nicht, den Wahnsinn in seinen Augen widerzuspiegeln, viel zu lax präsentiert er Gefühlsausdrücke wie Manie, Angst, Wut usw., die normalerweise sehr intensiv und aussagekräftig sind, man möchte ihm die Mad Scientist-Rolle nicht so ganz abnehmen. Der Gipfel ist jedoch der heimliche Hauptdarsteller Boris Karloff. Macht er bei der Mimik alles richtig (selbst wenn man die sehr gute und legendäre Maskerade vernachlässigt, schaut der Akteur selbst immer noch verdammt 'schaurig' aus), bewegt er sich für eine Kreatur, die gerade erst dabei ist, sämtliche motorische Fähigkeiten zu erlernen, viel zu menschlich - hätten ihn doch seine Größe von 1,80 und die riesen Latschen dazu prädestiniert, sich schwerfällig und unbeholfen zu bewegen, herumzuschlurfen wie bspsw. ein Zombie. Was man sich bei seinen unverständlichen Lauten gedacht hat, bleibt mir immer noch ein Rätsel. Es ist natürlich vollkommen verständlich, dass ein derartiges Wesen nicht in der Lage ist, sich vernünftig zu artikulieren oder gar Worte zu formen, so muss es auch sein. Jedoch klingt das Ganze weder verzweifelt noch furchteinflößend, sondern eher wie ein geistig Behinderter, dem irgendetwas weh tut. In Wahrheit sollte Frankenstein's Monster als "kindlich-naive" und scheue Kreatur dargestellt werden, was sich bspsw. in der Szene am Fluss besonders gut erkennen lässt.

Von den Randfiguren gefiel mir persönlich immer noch Frederick Kerr in der Rolle des Baron Frankenstein am besten. Eine gelungene Abwechslung in Form eines alten, traditionsbewussten Kauzes, der mit all diesem Firlefanz nichts anzufangen weiß und seinen Sohn lieber verheiratet wüsste, als dass dieser irgendwelchen sonderbaren Experimenten im Turm nachgeht.
 

Apropos Turm, das Setting ist in Ordnung, mehr aber leider auch nicht. Führt der (damals notgedrungene) Schwarzweiß-Effekt dazu, dass die Atmosphäre etwas stimmiger wird, kaschiert er aber gleichzeitig auch viel Pappe und künstliche Hintergründe, wie zum Beispiel in den "Bergen" gen Ende. Das Zentrum der Handlung, der bereits schon einige Male erwähnte Turm, ist viel zu spärlich ausgestattet, da hätte die Requisitenkiste sicher noch so einiges wettmachen können. In Verbindung mit dem Halbdunkel und einem kräftigen Unwetter wäre es durchaus möglich gewesen, diese Gemäuer um einiges unheimlicher erscheinen zu lassen und so auch den Mad Scientist-Aspekt zu verstärken.
 

Im Angesicht der Tatsache, dass dieser Film 1931 herauskam, kann man Regisseur James Whale viele Fehler verzeihen und auch für damalige Verhältnisse fortschrittliche Techniken wie z.B. das Feuer im Turm darzustellen, während sich das Monster noch darin befindet oder die riesige Reanimations-Anlage des Doktor Frankenstein recht realitätsnah herzustellen, loben. In Bezug auf Gewalt darf man Mister Whale nachsehen, dass es damals nicht unbedingt üblich für die breite Masse war, explizite Gewaltdarstellungen im noch recht jungen Medium Film oder im Theater zu sehen und Filmschaffende dementsprechend vorsichtig damit umgingen. Trotz allem muten die slapstickartigen Rangeleien zwischen den Protagonisten und dem Monster teilweise wie eine Farce an, die übermenschliche Kraft der Kreatur kommt so nie wirklich beim Zuschauer an, des Weiteren zeigen die Szenen, in der der Grüne die kleine Maria ins Wasser oder den Doktor von einem Balkon wirft, dass es sehr wohl möglich war, die Gewalt nicht nur anzudeuten. Das Ganze wäre möglicherweise auch noch eher zu verschmerzen, wenn der Film nicht nur 70 Minuten dauern würde, denn die Story wird im Grunde viel zu rasch und detailarm erzählt, es werden viele wichtige Ereignisse schlichtweg außen vor gelassen und die Charaktere haben nicht wirklich Zeit, sich so zu entwickeln, wie es auf jeden Fall möglich gewesen wäre. Wie schon angesprochen, hätte man dem Doktor viel mehr Zeit zugestehen müssen, welcher die drastischste Veränderung durchgemacht hatte, auf alle Fälle aber auch seinem Monster.
 

Trotz alledem sollte man dieses Stück Kinogeschichte auf jeden Fall einmal gesehen haben, vor allem als Horrorfan. Erfreulich ist es dann, dass es Universal Pictures geschafft hat, den Film im Rahmen der Monsters Collection auf Bluray zu veröffentlichen, das Bild der Disc kommt völlig ohne Störstreifen oder sonstige Macken aus, was in Anbetracht des Alters auf alle Fälle Respekt verdient.
 

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